Betriebsgastronomie: Projektsteuerung im planungs- und baubegleitenden FM
Die Planung und Errichtung betrieblicher Gastronomieflächen stellt besondere Anforderungen an die Projektstruktur und Schnittstellenkoordination. Anders als bei Büroflächen oder Lagerbereichen sind in der Betriebsgastronomie hygienerechtliche, arbeitsschutzbezogene, ergonomische und betriebliche Anforderungen eng miteinander verwoben – bei hoher Anlagendichte, sensiblen Medien, starkem Nutzerkontakt und komplexen Betriebsprozessen. Die Projektsteuerung im planungs- und baubegleitenden Facility Management (bFM) übernimmt hierbei eine zentrale Rolle: Sie stellt sicher, dass Planungsziele, bauliche Vorgaben und betriebliche Anforderungen integriert, abgestimmt und umsetzungsfähig sind – über alle Leistungsphasen hinweg.
Das baubegleitende Facility Management ist kein optionaler Projektpartner – es ist betrieblich notwendige Instanz zur Absicherung der technischen, hygienischen und wirtschaftlichen Betriebsfähigkeit einer Gastronomieeinheit. Nur mit frühzeitiger Einbindung, verbindlicher Steuerung und interdisziplinärer Koordination gelingt ein nachhaltig erfolgreicher Projektabschluss.
Vermeidung von Nachbesserungen und Betriebseinschränkungen
Steuerung technischer, organisatorischer und infrastruktureller Schnittstellen
In der Projektvorbereitung und Planung:
Formulierung des funktionalen Nutzerbedarfs aus Betriebssicht
Bewertung von Flächenaufteilung, Wegeführung, Logistik und Reinigung
Prüfung technischer Ausbaustandards auf Wartungs-, Reinigungs- und Hygieneaspekte
Einbringung der Betreiberpflichten in die Planung (z. B. TGA-Zugänglichkeit)
In der Ausführungsphase:
Begleitung von Baustellenbesprechungen mit bFM-Fokus
Kontrolle der Ausführung hygienekritischer Details (z. B. Wand-Boden-Anschlüsse, Gefälle)
Prüfung der Erreichbarkeit von Technik, Reinigungszonen, Ausstattungsdetails
Koordination von Einweisungen, Abnahmen, Betreiberdokumentation
In der Betriebsaufnahme:
Bereitstellung von Wartungs- und Prüfintervallen
Schnittstelle zu Reinigung, Catering, Personalservice
Integration aller Anlagen in CAFM und Dokumentation
Aufbau der Betreiberverantwortung, z. B. nach VDI 3810, DIN EN 13485
Hygienerelevante Steuerungsschwerpunkte:
Zonierung nach Schwarz-Weiß-Bereich (z. B. Spüle, Rohware, Abfall)
Materialwahl und Reinigungskonzept (R10-Beläge, fugenlose Sockel, Edelstahl)
Integration von Fettabscheidern, RLT-Anlagen mit HACCP-Fokus
Beachtung der LMHV, der EU-Verordnung 852/2004, HACCP-Pflichten
TGA-Schnittstellen und Erschließung:
Planung von Kühlung, Lüftung, Entwässerung, Reinigungswasser, Starkstrom
Trennende Versorgung für Frischwasser, Trinkwasser, Spülmittel, Dampf
Aufstellbereiche mit wartbarer TGA, Revisionszugängen, Schutz vor Feuchte
Steuerung der Medienkoordination (Versorgung, Entsorgung, Instandhaltung)
Technisch-bauliche Abstimmungen:
Einbau höhenrichtiger Sockel (z. B. hochbauseitig unter Geräten)
Wand-, Boden-, Deckenausbildung für Reinigung, Abschottung, Materialverträglichkeit
Beachtung der DIN 10500-Reihe, VOB/C-Regeln, DGUV-Vorgaben für Küche und Ausgabe
Detaillierte Abstimmung mit Küchenplanung, Möblierung, Nutzergruppen
Fachplaner und Architekten:
bFM gibt betriebliche Kommentare zu Layout, Wegeführung, Flächenfunktion
Einfordern hygienekonformer Details und Betriebspraktikabilität
Abstimmung von Schachtlagen, Kühlraumstandorten, Müllführung, Einbaurichtungen
Caterer oder interner Küchenbetrieb:
Definition des Versorgungsmodells, Ausstattungsniveaus, Menülogik
Übergabeformate: Welche Technik muss betriebsseitig übernommen werden?
Klarheit über Betreibergrenzen: Was gehört zum Bau, was zum Küchenbetrieb?
Betriebsrat / Mitbestimmung:
Beteiligung bei Fragen des Gesundheitsschutzes, Raumverteilung, Arbeitsergonomie
Mitwirkung bei Dienstanweisungen, Arbeitsorganisation und digitaler Ausstattung (z. B. Self-Ordering)
Umwelt- und Nachhaltigkeitspartner:
Abfalllogistik, CO2-Bilanz, Wasserverbrauch, Energieeffizienz der Geräte
Reinigungs- und Desinfektionsmittelhandling
ESG-relevante Nachweise und Integration in Umweltberichte
Werkzeuge und Methoden der Projektsteuerung im bFM
Nutzerbedarfsformulare mit Detailangaben zur Verpflegung, Technik, Reinigung
Schnittstellenmatrizen für Übergaben zwischen Planer, Ausführer, Betreiber
Abnahmelisten für Hygiene, TGA, Sicherheit, Reinigbarkeit
CAFMintegration: Checklisten zur Datenaufnahme für Instandhaltung
Übergabemodelle für Schulung, Dokumentation, Gewährleistungsmanagement
BIM-Modelle mit betriebsrelevanter TGA-Struktur und Raumnutzung
Erfolgsfaktoren für ein gelungenes Projekt
Frühzeitige Einbindung des bFM und der Küchenverantwortlichen
Klare Schnittstellenregelung zwischen Bau, Technik und Betrieb
Einbindung der Mitbestimmung bei Arbeitsplatz, Ergonomie, Sicherheit
Verbindliche Hygienekonzepte als Teil der Planung
Protokollierte Abnahme mit Prüfpflicht für Reinigung, Technik, Arbeitsschutz
Schulung aller beteiligten Gewerke, klare Betriebsübergabe
Ausblick
Die Projektsteuerung im Kontext der Betriebsgastronomie ist eine interdisziplinäre Aufgabe mit hoher Komplexität und hohem Impact. Das bFM ist dabei nicht Erfüllungsgehilfe – sondern betrieblich mitverantwortliche Steuerinstanz, die entscheidend zur Zukunftssicherheit und Hygienequalität beiträgt. In Zukunft werden digitale Zwillinge, automatisierte Dokumentation, vernetzte Küchen- und Reinigungssysteme und integriertes Umwelt- und Energiemanagement neue Maßstäbe setzen – mit dem bFM als Koordinator und Brückenbauer zwischen Bau, Technik, Betrieb und Verantwortung.